![]() |
|
![]() |
Theres Cassini im Kelag Schaukraftwerk Forstsee 2020 Die 1960 in Rattendorf in Kärnten geborene und in Wien lebende Objekt- und Fotokünstlerin Theres Cassini zeichnet sich durch eine konsequent konzeptuelle Arbeitsweise aus, die sich in feinsinnigen und wohl überlegten Fotoarbeiten, Rauminstallationen, Skulpturen und Plastiken widerspiegelt. Der menschliche Körper und die Psyche, Natur und Umwelt, Licht und soziale Interaktionen sind bestimmende Themen ihrer Arbeiten. Die „Lichtspeisen“, fünfundzwanzig Essenseinladungen mit jeweils zwölf unterschiedlichen Gästen in den Jahren von 2006 bis 2008, beinhaltet dementsprechend zum einen die Einladung selbst als einen performativen Akt – denn auch das Essen der Speisen folgte auf transparenten Tellern und Tischen unter Einsatz einer eigens dafür konzipierten Beleuchtung einem vorgegebenen Kanon – zum anderen die fotografische Umsetzung der Einladungen. Diese ist wiederum wohl überlegt, nicht nur die Fotoarbeit selbst, sondern auch deren Präsentation. Generell achtet Theres Cassini auf die entsprechende Wiedergabe der Fotografien: das Trägermedium (seien es Leuchtkästen), das Format (eckig oder rund), die Ausarbeitung, alles ist exakt aufeinander abgestimmt, sodass Inhalt und Ausdruck miteinander korrespondieren. Wie auch in der jüngeren Serie „Metamorphosen“. Theres Cassini untersucht seit 2015 die Vielfältigkeit des Mooses, von dem es um die 16.000 Arten gibt. Dabei bewegt sich die Künstlerin zwischen einer wissenschaftlichen Analyse und einer künstlerischen Präsentation. Mit dem Makroobjektiv fotografiert sie eine Vielzahl an Moosen, eine über die Jahrtausende widerständige und angepasste Pflanze. Die Künstlerin ergänzt die Makroaufnahmen der unterschiedlichen Moose mit den genauen geografischen Standorten und den exakten lateinischen Bezeichnungen und setzt sie wissenschaftlichen Schautafeln gleich nebeneinander. In bauchigen Gefäßen kultiviert sie ergänzend dazu Moossorten, die sie skulptural übereinanderstapelt. Oder sie überträgt das Moos in Großformat malerisch auf eine überlebensgroße Leinwand und lässt einen Traktor darüberfahren, sodass die mächtigen, erdigen Reifenspuren sichtbar bleiben. Dabei nimmt sie nicht nur Bezug zur Umweltzerstörung, sondern befragt durch das Einbeziehen der Erde den Heimatbegriff. Auch daran lässt sich gut erkennen, wie breit gefächert und facettenreich die Arbeitsweise der Künstlerin durch die Verknüpfung unterschiedlicher Medien ist. Ein besonderes Augenmerk legt Theres Cassini auf das Licht und die Wahrnehmung des Lichts. In der Serie „Glühend Eis“ von 2008 bis 2012 macht sie Nahaufnahmen von langsam auftauenden, farbprächtigen Blüten, die sie zuvor tiefgefroren hatte. In die leuchtenden Plexiglaskästen, in denen sie die Fotos präsentiert, sind Zahlen zum CO2-Ausstoß eingekratzt. Ein fast versteckter Verweis auf den desaströsen Umgang des Menschen mit der Natur. „Wie definieren sich diese Objekte? Als Lichtskulpturen, mit Licht inszenierte Fotografien oder als Glasspiegelungen? Sie sind alles davon, und sie erweitern das Zusammenspiel von Foto und Objekt, das Cassinis schaurig-schreckliche Paradiese ausmacht. Zuweilen finden sich kleine nackte Figürchen auf dem Eis als ob sie sonnenbaden wollen - Narren aus der Werbung wie die seltsame Schar von Mischwesen bei Bosch in einer Hölle aus Feuer und Eis. Landschaften, Bäume und Eisblumen, üppig farbig und monochrom reduziert auf Durchsicht und Mattigkeit opaker Stellen. Zahlen geschrieben wie ein Hauch auf kaltem Glas, nur eben bleibend malerische Geste mit dem Bohrer statt Pinsel. Rückläufige Antizivilisation kündigt sich an durch die hohen Ziffern, die aufgewendet werden müssten, um den CO 2 Überschuss, das Ökodefizit wieder in den Griff zu bekommen, das seit dem „Earth Overshoot Day“ anfällt.“1) merkt Brigitte Borchhardt-Birbaumer zu dieser Serie an. |
|
Seit einigen Jahren gestaltet Theres Cassini kinetische Objekte, die wiederum auf Organisches referenzieren. Riesige schwebende Gurken, Schwebende, pflanzliche Großgebilde oder „Verbotene Früchte“ – so der Titel – reagieren nicht nur auf den Umraum, sondern auf jeden Luftzug und bleiben in einer ausgesprochenen Leichtigkeit ständig in Bewegung. Ein riesiger „Gurkenschwarm“ nimmt zurzeit 2)das O&O Depot in Berlin raumfüllend ein. „Sie schweben, Theres Cassinis biomorphe textile Skulpturen, die sie bevorzugt von der Decke hängen lässt, manchmal auch in mobile-artige Konstellationen arrangiert, einander austarierend, ballettartig. Das Ideal ist die über den Köpfen, wie in einem Traum schwerelos schwimmende, auf jeden Hauch reagierende Skulptur, die zur Welt der Fantasie gehört.“ 2), so beschreibt Elisabeth von Samsonow Theres Cassinis kinetische Objekte und trifft damit das von der Künstlerin erzeugte Raumgefühl auf den Punkt.
2) Elisabeth von Samsonow, Fliegende Entities. Zu Theres Cassinis „kinetischen Plastiken“, unter: www.cassini.at 2) Ebd.
|