
Kärntner Tageszeitung 18. November 2006
Ein Kuss von der lackierten Puppenfrau von Maja Schlatte
Kussmund, lackiert: Die Künstlerin Theres Cassini sammelte mehr als 100 der in den 50er Jahren
beliebten großen italienischen Puppen - ihre Lippen sind jetzt Gegenstand einer Projektarbeit.
Glänzende Lippen, Hühnerfüße und 70er-Jahre-Arbeiten
aus Hans Staudachers verschlossenem Archiv: in der Galerie 3
Klagenfurt. Lange vor Barbie gab es die großen, auf den Betten mit volantumrahmten Überwürfen sitzenden Puppen:
Sie kamen aus dem Land der Filmdiven Sophia Loren, Gina Lollobrigida und Claudia Cardinale und thronten in der Pastellblässe der Schlafgemächer. Mit den Stars verband sie eine steife, kunstvolle Frisur, ein Diva-Kleid und der obligate Schmollmund. Genau diesen nimmt die gebürtige Gailtalerin Theres Cassini als Zitat auf: in ihrer neuen Projektarbeit "Mundschlitze", die
pinkfarben und kirschrot von der Wand des Lichthofes in der Klagenfurter Galerie 3 leuchtet.
Es währe nicht Cassini, wenn sie nicht das Puppenthema, wie so oft bisher, in seinem gesellschaftlichen Kontext heraushebt,
angreift, vorführt. Nach dem Motto: der katholische Mundschlitz, der islamische Mundschlitz, der atheistische Mundschlitz - nein,
die universale Mundform. Im Kabinett der Galerie führt Alina Kunitsyna das kommerzialisierte Frauenbild fast unmerklich ad absurdum: schöne Beine in
schönen Schuhen und Posen erweisen sich bei genauem Hinsehen als - zurückgebildete oder erst wachsende?- Hühnerfüße.
Kontrapunkt
Dem Schön-Schein-kritischen Ansatz stellen sich "alte" Arbeiten von Hans Staudacher entgegen, die er eigens für diese Ausstellung
aus einem bisher verschlossenen Archivfach rausließ. Neben typisch schwebenden Bildern beeindruckt auch ein "übermaltes" dunkles.
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