ART-MAGAZINE   20. Juli 2006
Stadtgalerie am Minoritenplatz: Theres Cassini - Leibes-Hausung

Von der Schönheit des visuellen Missklanges von Gerda Krainer

Theres Casini ist in Kärnten 1960 geboren, lebt und arbeitet in Wien. Ihre Schau wird bestimmt durch die Installation "Leibes-Hausung", ein Triptychon, erarbeitet als Objekt/Plastik/Fotozyklus. Man erinnere sich an die großen, makellosen mit Rüschenkleidern ausstaffierten Puppen unserer Groß- bzw. Urgroßmütter, wie sie in den 50er Jahren programmatisch heile Welt vorgaukelnd auf unzähligen Doppelbetten thronten. Als verpuppter Wunsch nach Schönheit und Harmonie. Schönheit schafft Cassini auch - aber in ganz anderer Art und Weise. Ihre Schönheit arbeitet mit Klarheit, Aufbrüchen und Verzerrungen und behübscht nicht. Die Künstlerin hält uns diese Puppen in Ihrer Nacktheit vor, stülpt Innerlichkeiten an die Oberfläche, indem sie geschwulstartige Angebinde diesen ewig lächelnden Plastikschönheiten verpasst bzw. man muss fast sagen antut. Der radikale Verzicht auf jede Aufrechterhaltung von Äußerlichkeit ermöglicht aber gerade eine Offenlegung, eine Zurechtsetzung der Seinszustände, wiederum einer Harmonisierung ähnlich, nur eben in einem völlig klareren und nicht verbrämten Licht. Der Ort der Galerie (eine ehemalige Klosterkirche der Minoriten) nimmt diese Körperschau auf und eröffnet sich als Idealzustand nimmt er doch schon seit jeher diese verletzte Leiblichkeit - die der Haupttopos in Cassinis Kunst ist - im spirituellen Sinne auf.

Die fotografischen Arbeiten - meist werden hier Fundstücke aus einer schönen Welt (Hollywoodmythos) ganz vehement mit unerwünschten Leibesabfällen verbunden - bestechen durch eine Ästhetisierung von ansonst nicht erwünschter Körperlichkeit, gemahnt doch diese abgelichteten Kleinkörperobjekte an Krankheit, Vergänglichkeit und Verfall, gemahnt an Dinge die meist sofort der Verdrängung anheim fallen und nicht gesehen werden wollen. Cassini fordert aber gerade durch ihre Arbeiten zu einer Auseinandersetzung damit auf und entlässt den Betrachter nicht aus der Pflicht. Ein schwieriges aber auch äußerst lustvolles Kunsterlebnis.


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